Geschichte

Geschichte der Herrnmühle Heiligenstadt

1327 wird die vronemolen an den Ritter Conrad von Kindehausen verpfändet und im Jahre 1342 verpfändet der Erzbischof Heinrich diese an die Ritter Berthold von Worbis und Johan von Wintzingerode. 1459 versetzt Adolf von Nassau dem Heinrich von Worbis die Fronmühle. In den Jahren 1464 und 1465 erfolgten weitere Verpfändungen der Mühle an Heinrich von Worbis und nach dessen Tod ging die Mühle in das Eigentum seiner Witwe über. Daraufhin war die herrschaftliche Fronmühle dem Martinsstift bis 1501 verpfändet. Im Türkensteuerregister von 1544 wird als Besitzer der Fronmüller Martin Rollehrs und 1545 Peter Listemann genannt. Das Lagerbuch von 1610 gibt den Pachtmüller Arnold Blesse an.

Bei einem Brand im Knickhagen 1725 brennt die Mühle nieder und nur die Sandsteinfundamente und -mauern bleiben erhalten. Fünf Jahre später baut man die Mühle wieder neu auf. Besonders wichtig ist die Feststellung, dass die Mühle schon 1725 abbrannte und nicht bei dem verheerenden Stadtbrand im Jahre 1739, wie in vielen Schriften fälschlicherweise angenommen wird. Das heute noch vorhandene Mühlengebäude (ein Fachwerkbau) wurde auf den alten Grundmauern wiedererrichtet, jedoch tragen diese jetzt ein bis zwei Geschosse mehr. Durch eine Vielzahl von technischen Entwicklungen im 18. und 19. Jahrhundert wurde es notwendig die Mühle mit mehr als einem oder zwei Geschossen auszustatten. Neuerungen waren zum Beispiel Reinigungsmaschinen, Sichter (ab 1502) und Plansichter (ab 1886), Elevatoren (ab 1790), Walzenstühle (ab 1873) und der Amerikanische Gang (1850).

Man kann davon ausgehen, dass das Gebäude in einem Zug erbaut wurde, da die Zimmermannszeichen an den Fassaden eine durchgehende Nummerierung aufzeigen und das Mansardendach ebenfalls in die Zeit um 1730 einzuordnen ist. Aufgrund von Baufugen wird deutlich, dass der kleinere Gewölbekeller später (nicht 1318), vielleicht 1730 hinzugebaut wurde - genaue Angaben sind leider nicht möglich.

In der Mühle wurde auch gleichzeitig gewohnt. Ein Zeugnis dafür ist der noch sichtbare Bauernstuck im ersten Obergeschoß. Zudem kann man heute noch nachvollziehen, dass im Dachgeschoß eine Räucherkammer existiert hat. Die Schwärzung der Balken und Zapfenlöcher weisen darauf hin.

Durch die neuen technischen Einrichtungen wie Walzenstühle und o.g. nahm die Mühlentechnik immer mehr Platz in Anspruch. Der Wohnraum wurde knapp und infolge dessen benötigte man einen neuen Wohnanbau, der zwischen 1830 und 1860 an das bestehende Mühlengebäude angegliedert wurde. Zu dieser Zeit wurde auch der zweite Gewölbekeller unter dem neuen Wohnhaus geschaffen. Auch die Räucherkammer wurde nun in das Dachgeschoß des Wohnhauses verlagert und damit eine klare Trennung zwischen Arbeiten und Wohnen geschaffen.

Vor allem durch Verbesserungen und Ergänzungen an der Mühlentechnik sowie an der durch die Wasserkraft der Geislede getriebenen Antriebstechnik gab es viele Veränderungen am Mühlengebäude. Vorrangig die Möglichkeit sich jetzt in die oberen Stockwerke auszubreiten (durch Elevatoren) und mehr Mehl (2 t/d) zu produzieren, bewirkt die Umstellung und Erweiterung der Technik.

Durch diese zwei Faktoren (der neue Wohnbau und die technischen Veränderungen) wird auch die Treppenanlage verlegt. Ursprünglich in der Mitte der eigentlichen Mühle gelegen, dient sie jetzt der Erschließung beider Mühlenteile (Mühle und Wohnbau). Ebenso lässt sich erkennen, dass durch die Umbauten Wände entfernt, verschoben oder weggerissen wurden. Da es jedoch keine Pläne über die Umbauphasen gibt, kann man nicht festlegen was zu welcher Zeit entfernt bzw. erneuert wurde. Fest steht nur, dass es bei der Umstellung der Mühleneinrichtung meist auch Veränderungen am Gebäude gegeben hat.

Im Jahre 1656 taucht zum ersten Mal in den Unterlagen der Name Breitenbach ( Johannes Christophorus Breitenbach) auf, deren Familienwappen an der Süd Ost Fassade wiederzufinden ist, direkt neben dem Müllerwappen. Eine Wetterfahne, die die Initialien J.C.B. 1780 trägt, gibt auch hier einen Hinweis auf die Familie Breitenbach.

Zeichnungen aus dem Jahr 1860 geben den Beweis dafür, dass vier Wasserräder einmal die Mühle angetrieben haben. Das neue vierte Wasserrad hat eine Kleesamen-Stampfe (Öl-Stampfe) angetrieben. Diese sollte separat auf dem gegenüberliegenden Ufer errichtet werden. Man hat sich jedoch später dazu entschlossen diese Öl-Stampfe in die Mühle zu integrieren. Die Zeichnungen geben auch Aufschluss darüber, warum im Kellergeschoß im Nordwesten zwei kleine Räume abgetrennt wurden. Dort befanden sich, abgegrenzt von der Mehlproduktion, die Samenstampfen.

Laut der Eintragungen in den Adressbüchern der Stadt von 1896 und 1903 wird als Eigentümer beidemale ein Herr Engelhart angeführt. In den folgenden Jahren wird immer wieder der Name Engelhardt angegeben: 1911 Karl Engelhardt, 1924 die Erben Engelhardts mit dem Pächter Redemann, 1924 1929 Josefa Engelhardt (geborene Breitenbach) und 1937 der Müllermeister Karl Engelhardt.

Die Mühle wurde bis zum Jahre 1923 mit drei unterschlächtigen Wasserrädern angetrieben. Die verbesserte Getriebetechnik führte zu einem Austausch der Wasserräder. Ein einzelnes, aber breiteres oberschlächtiges Wasserrad mit einer Leistung von ca. 15 PS wird an deren Stelle eingebaut. Jenes ist auch im Jahr 1961 noch in Betrieb.

Karl Engelhardt ließ 1937 wiederum Umbauten an der Mühlentechnik vornehmen. Hier werden Unterstützungen und Kopfbänder an den Unterzügen ergänzt. Karl Engelhardt erhält 1950 die Genehmigung für den Bau einer Waschküche direkt über dem Mühlgraben. Auf Photos aus dem Jahre 1961 befindet sich an dieser Stelle keine Waschküche, aber man kann heute noch erkennen, dass in den zwei Räumen im Kellergeschoss (ehemals Öl-Stampfe) große steinerne Zuber erhalten sind, die durchaus zum Waschen benutzt worden sein könnten.

Die Herrnmühle war bis 1961 in Betrieb, danach diente sie noch bis in die 80er-Jahre hinein als Wohngebäude.

1993 kauft der Baufachmann Rolf Müller aus Bovenden die Mühle samt Einrichtung. Aus dem „Gebäude mit Charakter" wollte Müller ein kleines Hotel mit Restaurant machen, doch der fürchterliche Zustand der Mühle zerriss seine Zukunftsvorstellungen.


 

Kornspeicher

Neben dem alten Rathaus ist der Kornspeicher (1227) das älteste profane Gebäude der Stadt und war seinerzeit der Statthalterei zugeordnet. Der spätgotische Bau hat sich in seiner äußeren Kubatur kaum verändert und auch im Inneren wurden kaum Änderungen vollzogen. Die Halle mit ihren massiven Sandsteinstützen ist auch heute noch in einem guten und eindrucksvollen Zustand. Auch der kleine Gewölbekeller wurde mit dem Speicher gebaut. Nicht lange nach der Fertigstellung des Gebäudes hat man ein Relief des heiligen Martin an der Süd-Ost-Fassade angebracht.

Die Wendeltreppe aus Stein wurde im 16. Jahrhundert in den Speicher eingebaut. Betrachtet man die Angliederung der Treppe an den Sandsteinkorpus kann man nur vereinzelt Verbundsteine zwischen Treppenhaus und den Steinwänden finden. Ein weiterer Punkt, der darauf hinweist, dass die Treppe später in den Speicher eingebaut wurde, ist eine kleine Treppe, die im Obergeschoss zur Wendeltreppe hinführt. Die nicht bebeilten Sandsteinstufen wurden aufgrund des Schuhwerks (Schuhe waren mit Metall beschlagen) mit Holzabdeckungen versehen, damit das Metall auf dem Stein keine Funken schlägt. Diese Abdeckungen wurden im Laufe der Jahrhunderte erneuert.

In einem Text war die Rede von kleinen schmalen Fenstern, aber wenn man die heutige Fenstergröße betrachtet kann man davon ausgehen, dass diese im Laufe der Zeit vergrößert bzw. verändert wurden. An einem Fenster an der Süd-West-Fassade findet man die Jahrzahl 1605 also ein Nachweis dafür, dass zumindest an einigen der Fenster Änderungen vorgenommen wurden. Es wurden auch neue Öffnungen in die Wände geschlagen. Zum Beispiel gab es die Türöffnungen an der Süd-West-Fassade beim Bau des Kornspeichers nicht.

Nach dem schon erwähnten Brand 1725 wurde der gesamte Dachstuhl sowie die Holzbalkendecken, Unterzüge und Stützen erneuert. Aufgrund der Zimmermannszeichen an den Sparren, welche einer fortlaufenden Nummerierung folgen, ist bewiesen, dass der Dachstuhl in einem Zug errichtet wurde. Außerdem bestehen die Zimmermannszeichen aus römischen Zahlen, die darauf schließen lassen, dass die Sparren vorgefertigt sind (also 17./18. Jh.). Die Form des Satteldaches wurde im Laufe der Jahrhunderte nicht verändert. Auch die Deckenbalken sind aus dem 18. Jahrhundert, da diese eingekerbt wurden für die Einschiebung der Lehmwickel. Die neuen Unterzüge werden durch je acht Stützen pro Geschoß gehalten, wobei später (keine genaue Zeitangabe möglich) noch zehn weitere hinzugekommen sind. Man erkennt, dass diese nur untergeschoben wurden und nicht mit den Deckenbalken bzw. den Unterzügen verbunden wurden. Die Decke des zweiten Obergeschosses wurde nach dem Brand erhöht heute sind noch die alten Auflager sichtbar.

Ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden im Erdgeschoss des Speichers Fachwerkwände eingezogen und Schweineställe errichtet. Die zwei Räume im Nordwesten waren Pferdeställe und der halboffene Raum im Südosten diente dem Abstellen von Gerätschaften zum Beispiel von Feldbearbeitungsmaschinen. Die Eisenunterzüge und die Kappendecke des Erdgeschosses kann man um 1920 einordnen.

Maria Osburg, Eigentümerin von Herrnmühle und Kornspeicher, verpachtete 1967 letzteren an das VE Getreidekombinat.

1975 zerstörte ein weiterer Brand den Dachstuhl und die Decken im Nordteils des Speichers. Die fehlenden und schadhaften Stellen wurden daraufhin ergänzt bzw. ausgetauscht. Auch die kleine Stiege, die hinauf zum zweiten Dachgeschoß führte, brannte ab und wurde durch eine neue Holztreppe ersetzt. Das Sandsteinmauerwerk und die Mühle nahmen dabei keinen Schaden, jedoch das gesamte Getreide verbrannte oder war nach dem Brand nicht mehr zu gebrauchen.

Auch das Dach musste erneut eingedeckt werden, aber auch in den vielen Jahren wurde es häufig durch starke Winde teilweise abgedeckt. Die Eindeckung nach dem Brand erfolgte mit Falzziegeln, wahrscheinlich aus Sparsamkeitsgründen, und nicht mit Hohlpfannen, die auch heute noch zwei drittel des Daches zieren.

1983 mietete das VEB Kombinat Solidor Heiligenstadt den Kornspeicher von Maria Osburg als Lagerfläche. Ein geplanter Lastenaufzug wurde nicht verwirklicht. Zudem wurde ein Erdgeschoßpfeiler mit Ziegeln ummauert.

Aus besonderem Interesse an dem denkmalgeschützten Ensemble gründete sich im August 2002 der Herrnmühle-Kornspeicher e.V..

Sie erwarben 2003 beide Objekte sowie die dazugehörige Scheune und den Zwischenbau mit Laubengang. Die Gebäude sollen erhalten und einer öffentlichen Nutzung zugänglich gemacht werden. Bis Anfang 2005 wurde der Zwischenbau und das Scheunenfachwerk rekonstruiert, die Nord-West-Fassade der Mühle abgestützt und die Dächer vor Eintritt des Regens geschützt.